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Der Anti-Klicker

Autorenbild: DirkDirk

Warum in diesem Fall "Klick für Blick" gar nicht gut ist




Keine Ruhe zuhause

Ich werde häufig zu Kunden nach Hause gerufen, weil der Hund überhaupt nicht zur Ruhe kommt. Er läuft seinen Menschen zuhause auf Schritt und Tritt hinterher, er fordert permanent Aufmerksamkeit ein und wenn er einmal irgendwo liegt, steht er sofort auf und läuft seinen Menschen wieder hinterher, wenn diese den Raum verlassen, und sei es nur, um sich aus der Küche etwas zu trinken zu holen.


Der Hund zeigt also ein enormes Maß an Unruhe, die sich dann auch häufig draußen fortsetzt, indem der Hund gestresst ist, stark auf Reize reagiert und vor allem nach dem Gassigang zuhause auch nicht runterfahren kann.


Die Inventur

In der Regel rede ich eine Weile mit den Kunden und beobachte die Situation. Nach einer Weile hole ich dann - kommentarlos - meinen Anti-Klicker aus der Tasche und ab da macht es klick, klick, klick ...


Erst einmal reagieren die Menschen gar nicht darauf oder sind nur kurz irritiert, was ich da mache. Interessanterweise fragt mich niemand, was das eigentlich soll und bisher hat auch noch niemand die Verknüpfung hergestellt, wann ich klicke.


Die Auflösung

Wenn der richtige Moment gekommen ist, kläre ich die Kunden auf, was es mit dem Anti-Klicker auf sich hat. Ich klicke jedes Mal, wenn der Mensch ohne guten Grund zu seinem Hund schaut oder diesen sogar im falschen Moment mit Aufmerksamkeit belohnt. Es ist interessant, wenn die Menschen mir von ihrem Hund erzählen und es dabei nicht schaffen mal länger als 4 Sekunden nicht zu ihrem Hund zu schauen.


Auch kommt es immer wieder vor, dass der Mensch mal den Raum verlässt und dem Hund dabei sagt: "Bleib ruhig liegen, ich komme gleich wieder." Und dabei wird der Hund auch noch voll angeschaut.


Das Bild oben zeigt das Ergebnis einer solchen Inventur ... 27 unnötige Blicke zum Hund in nur 2 Minuten (und das ist noch nicht mal das Spitzenresultat).


Die Konsequenz

Der Mensch holt den Hund also immer wieder aus der Ruhe und löst damit unbewusst immer wieder die Entspannung auf. Damit ein Hund ruhig und ausgeglichen sein kann, benötigt er ca. 18 Stunden (manchmal auch mehr) Ruhe und Entspannung am Tag. Wir reden hier nicht nur von Tiefschlaf, sondern auch von Dösen, irgendwo abhängen, ...


Der Mensch möchte eigentlich, dass sein Hund auch mal zur Ruhe kommt und nicht auf alles achtet, sorgt aber unbewusst dafür, dass der Hund genau dies macht.


Die Alternative

Wir Menschen müssen lernen, den Hund auch mal zu ignorieren, vor allem in 2 besonderen Situationen:


  1. Der Hund hat sich schon irgendwo "zur Ruhe begeben" und sei es, dass er unter dem Tisch liegt, an dem die Menschen gerade sitzen.

  2. Der Hund fordert Aufmerksamkeit ein in einem Moment, in dem der Mensch diese nicht geben möchte.


Im ersten Fall unterstützen wir aktiv das Ruhebedürfnis unseres Hundes. Wir sollten in einem solchen Moment den Hund mal absolut in Ruhe lassen und uns zurücknehmen, ihn also nicht anschauen oder anfassen.


Im zweiten Fall bringen wir dem Hund bei, dass er nicht immer mit Aufmerksamkeit belohnt wird, wenn er das gerade will. Das wird in manchen Fällen Frust erzeugen, aber in unserer heutigen Welt bin ich der Meinung, dass Frusttoleranz eine der wichtigsten Fähigkeiten ist, die ein Mensch-Hund-Team besitzen muss. Aus meiner Praxis kann ich sagen, dass gerade Hunde, die überhaupt nicht mit Frust umgehen können, mehr zu Stress und Unruhe neigen als Hunde, die gelernt haben, auch mal mit einer "Enttäuschung" umzugehen.


Wichtig!!!

Ich will hiermit überhaupt nicht sagen, dass der Mensch seinen Hund permanent ignorieren soll. Mir geht es darum, das aktive Ignorieren in den richtigen Momenten einzusetzen, um dem Hund die Ruhepausen zu geben, die er benötigt, um mit dem für ihn oft sehr stressigen Alltag umzugehen.


Und natürlich bleibt im Laufe eines Tages noch ausreichend Zeit, den Hund mit Aufmerksamkeit und Zuneigung zu überschütten.


Die unmittelbare Konsequenz

Nachdem wir über all diese Punkte gesprochen haben, "zwinge" ich die Menschen, den Hund für einen gewissen Zeitraum zu ignorieren. Es ist immer wieder faszinierend, für mich aber nicht im Geringsten überraschend, dass es in den allermeisten Fällen dazu kommt, dass der Hund sich nach einer Weile hinlegt und zur Ruhe kommt, teilweise, ohne dass die Menschen etwas merken, weil ich sie mit Gesprächen so sehr ablenke, dass sie ihren Hund (fast) vergessen. Nach einer Weile dürfen sie dann mal vorsichtig schauen wo ihr Hund ist und der ist dann in der Regel eingedöst.


Die Schlussfolerung

Wenn Ihr Euch von diesen Gedanken angesprochen fühlt, dann geht einmal in Euch und überlegt, in welchen Situationen Ihr Euren Hund unnötigerweise mit Aufmerksamkeit bedenkt und fangt an, an diesen Situationen zu arbeiten. Vor allem im Kreise der Familie kann man sich gerne gegenseitig unterstützen.


Oder Ihr macht daraus mal ein Trainingsspiel. Der Hund soll für 5 Minuten ignoriert werden und jeder Blick ist 1€ ins Sparschwein - mal schauen, was dabei zusammenkommt. Je weniger, desto besser.

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